Er gibt bereits viel zu reden: der neue Bahnhof Lenzburg. Zwar sind die relevanten Um- und Neubauvorhaben noch nicht sichtbar, doch die Planung und Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Dennys Mayer, Präsident der Begleitkommission Bahnhof, und Alessandro Savioni, Abteilungsleiter Stadtplanung & Hochbau, gewähren einen Blick in ihre Werkstatt:
Dennys Mayer, Sie sind neu gewählt als Präsident der Begleitkommission Bahnhof. Warum braucht es diese Kommission und welche Aufgabe übernimmt sie?
DM: Ein so grosses Projekt kann niemand allein stemmen. Neben den Planungspartnern Stadt Lenzburg, SBB-Infrastruktur und Immobilien, dem Kanton Aargau sind auch die Post und private Grundeigentümer Auftraggeber von dem Grossprojekt. Die Begleitkommission Bahnhof ihrerseits erfüllt den Auftrag des
Stadtrats, die Expertinnen und Experten mit den schlussendlichen Benutzerinnen und Benutzern dieses, für Lenzburger Begriffe, gigantischen Projekts zu verbinden. In der Kommission sind Vertreterinnen und Vertreter:
- sämtlicher im Einwohnerrat vertretenen politischen Parteien
- weiterer Kommissionen mit Schnittstellen zum Bahnhof
- des lokalen Busbetreibers
- von einzelnen Verkehrsteilnehmenden
- der IG Klima-Zukunft Lenzburg
- unserer beiden Nachbargemeinden Staufen und Niederlenz und des Lebensraums Lenzburg Seetal
ASA: Die Kommission hat zum Ziel, konkrete Fragen seitens des Stadtrats in die Körperschaften zu
tragen und schlussendlich eine konsolidierte Meinung der Kommission an den Stadtrat zurückzuspielen.
Daraus sollen Entscheide, auf die der Stadtrat in der Planung und Realisierung Einfluss
nehmen kann, bereits früh breit in der Bevölkerung und politisch abgestützt sein.
Alessandro Savioni, was ist planungstechnisch bisher passiert?
ASA: Seit gut fünf Jahren sind wir an der Klärung der verkehrstechnischen Rahmenbedingungen. Im 2020/2021 entstand, aufbauend auf einer umfangreichen Testplanung, daraus die städtebauliche Idee. Ein Jahr darauf fand die erste öffentliche Mitwirkung zur Leitidee statt, aus welcher der Entwicklungsrichtplan Bahnhof, ein behördenverbindliches Dokument, entstand. Im Vergangenen Jahr starteten die Richtprojekte für die Teilgebiete B (Bahnhofplatz mit Bushof und Bahnhofgebäude) & D (Perimeter Ost «Grüne Pause»). Aktuell wird auch für das Teilgebiet C, das Bahnhofquartier, ein Richtprojekt erarbeitet.
Wieso braucht es ein Richtprojekt?
DM: Diese erste Runde umfasst die Elemente Bushof, Velostationen Ost und West, Parkhaus, das SBB-Bahnhofgebäude, das SBB-Gebäude Ost, die Umgebung sowie der Zugang zur bereits bestehenden Unterführung «Hero» am östlichen Ende des Perimeters. Das Richtprojekt dient zum einen der Klärung, ob und wie die planerischen Absichten umsetzbar sind, zum andern dient dieses der Präzisierung der Projektdefinition. Auf der Grundlage des Richtprojekts wird im Anschluss der Gestaltungsplan ausgearbeitet.
Wie eng arbeiten die Stadt und die Begleitkommission zusammen?
ASA: Die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Lenzburg und der Begleitkommission geschieht auf Augenhöhe: Eine direkte und offene Kommunikation ist unabdingbar. In der Begleitkommission
haben unter anderen auch der Stadtammann und zwei Abteilungsleitende der Stadt Einsitz.
Was passiert in dieser Sache in den kommenden Jahren?
DM: Vermutlich unbemerkt von den Mitgliedern habe ich auf das anlässlich der letzten Sitzung zirkulierte Mitgliederlistenblatt den Titel «Mitglieder Begleitkommission Bahnhof Lenzburg 2024-2034» geschrieben. Die Tatsache, dass die Kommission bis mindestens ins Jahr 2034 Arbeit haben wird, zeigt, wie vielschichtig
und komplex dieses Projekt ist.
Um ein paar grobe Meilensteine zu nennen:
- Bis Mitte 2024 wird die Begleitkommission, basierend auf dem Richtprojekt und den eingeholten Feedbacks für die Teilgebiete B und D, eine erste Mitwirkung leisten.
- Darauf folgt ein partizipativer Prozess für die «Grüne Pause», zu der die Bevölkerung eingeladen wird.
- Aus diesen Erkenntnissen folgt dann der Gestaltungsplan für diese beiden Teilgebiete.
- Ein qualitätssicherndes Verfahren (z.B. Wettbewerb oder Studienauftrag) ist ab 2026 vorgesehen.
- Der Beginn der effektiven Bauarbeiten für den Bahnhofplatz und die angrenzenden Bauten erfolgt nach Fertigstellung der Infrastrukturanlagen und ist für das Jahr 2031 vorgesehen und wird ca. zwei Jahre andauern.
- Die Umsetzung der «Grünen Pause» ist gemäss aktuellem Zeitplan für die Jahre 2033 und 2034 vorgesehen.
Dabei gilt es, diesen Prozess von den gleisseitig zu verrichtenden Arbeiten (Teilgebiet A) getrennt zu betrachten. Das Teilgebiet A ist bereits weiter fortgeschritten und obliegt der Federführung der SBB-Infrastruktur. Da dieses Teilgebiet stark reguliert ist und primär dem Bahnbetrieb der SBB dient, ist eine Mitwirkung durch die Begleitkommission nicht vorgesehen und beschränkte sich in der Vergangenheit auf die Publikumsbereiche wie beispielsweise auf die Frage der Anzahl und Breite der Unterführungen unter den Gleisen. Aktuell werden in diesem Teilgebiet erste Vorleistungen erbracht, beispielsweise wurde das Betriebs- und Technikgebäude bereits erstellt. Der Gleisumbau wird im Jahr 2025 starten und dauert zusammen mit den übrigen Arbeiten an der Infrastruktur bis ca. 2030. Ebenfalls von der Begleitkommission losgelöst ist das Teilgebiet C (südlich des Bahnhofs), dessen Entwicklung primär von einer Trägerschaft aus privaten und öffentlichrechtlichen Eigentümerinnen und Eigentümern gestaltet wird.
Worauf freuen Sie sich am meisten?
DM: Auf den Prozess eines solch grossen Projekts und die ehrenvolle Aufgabe, diesen in meiner Rolle begleiten zu dürfen. Bei einem solch breiten Fächer an Interessen und Körperschaften, bei dem jedoch das gemeinsame Ziel im Vordergrund steht, kommt viel koordinative Arbeit auf mich zu. Das treibt mich an. Und natürlich darauf, im Jahr 2034 mit meiner bis dahin elfjährige Tochter aus dem Zug aussteigen zu können und von dieser würdigen und modernen Visitenkarte unserer schönen Stadt und Region begrüsst zu werden.